Mehr Fokus auf psychische Belastung

Psychische Belastung

Von mittelständischen Unternehmen wird viel gefordert. Aber nicht alles gehalten. Es gibt so ein paar Pflichten, die viele kleine und mittlere bislang nicht erfüllen. Dazu gehört auf jeden Fall die „GBU Psyche“, wie sie unter Fachleuten heißt: Das ist eine Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastung jedes Mitarbeitenden. Deren Durchführung empfiehlt das Arbeitsschutzgesetz spätestens alle zwei Jahre. Oder nach wichtigen Veränderungen.

Der Bereich der psychischen Erkrankungen hat in den letzten zehn Jahren für die Arbeitswelt erheblich an Bedeutung gewonnen. Anders als noch in den frühen 2000er Jahren, in denen Arbeitslose überproportional von psychischen Diagnosen betroffen waren, sind es im letzten Jahrzehnt die Berufstätigen, bei denen psychisch bedingte Fehlzeiten auffällig zunehmen.

Zahl der Ausfalltage steigt

Die Gesundheitsberichte der Krankenkassen zeigen, dass Krankschreibungen aufgrund psychischer Diagnosen seit dem Jahr 2006 kontinuierlich ansteigen: im Rahmen der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) hat die Zahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen (AU-Fälle) bis 2016 um mehr als 50 Prozent und die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) um knapp 80 Prozent zugenommen.

Auch die Berichte der anderen Kassen weisen ähnliche Zahlen aus: bei der BKK waren psychische Erkrankungen für rund 15 Prozent aller AU-Tage verantwortlich. Innerhalb der DAK hat sich das Arbeitsunfähigkeitsvolumen aufgrund psychischer Erkrankungen in den letzten 20 Jahren mehr als verdreifacht und Depressive Episoden sind zur drittwichtigsten Einzeldiagnose bei Arbeitsunfähigkeit aufgestiegen.

Druck nimmt vielerorts zu

Diese Zahlen bestätigen die Bedeutung der GBU Psyche für das betriebliche Gesundheitsmanagement deutlich. Und in vielen Berufen steigt der Druck aufgrund des Fachkräftemangels weiter: In Altenheimen und Kliniken. Aber auch in allen anderen Branchen, wo immer weniger Mitarbeitende immer mehr leisten müssen. Der Zwang zum Home-Office – zum Beispiel in der Corona-Pandemie – verstärkt die Problematik teils deutlich.

Experten zu Rate ziehen

Die größte Herausforderung für die Verantwortlichen besteht darin, dass es zwar eine Pflicht zur GBU Psyche aber kaum Hinweise auf die Art und Weise der Durchführung gibt. Experten der „Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie“ haben jetzt herausgearbeitet worauf es ankommt: Im Fokus stehen sollte bei der Analyse nicht die psychische Verfassung der Beschäftigten, sondern die objektiv erfassbaren Einflüsse der Arbeit auf die Menschen. Von eigenen Fragebögen wird abgeraten, die Firmen sollten möglichst externe Berater hinzuziehen, die den Prozess kennen, fit in Datenschutz sind und wissen, wie sie die Mitarbeitenden einbinden. Dazu brauche es einen sauber abgesteckten Fahrplan, die Information der Mitarbeiter und zuletzt auch einen Fahrplan, wie es nach der Erhebung der Daten weitergeht.

Stärken weiter ausbauen

Dass die GBU Psyche auch Chancen beinhaltet, sind sich die Profis einig: Man erkenne eben nicht nur Belastungen, sondern auch, was im Betrieb besonders gut laufe. So könne man auch erkannte Stärken weiter ausbauen. Und die Erkenntnisse als Startpunkt für ein effektives Betriebliches Gesundheitsmanagement nutzen. Wissenschaftliche Arbeiten wie die Corporate Health Studie lassen dann einen Umsatzzuwachs um 11 Prozent und eine um bis zu 40 Prozent reduzierte Fluktuation des Personals erwarten.


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © WavebreakMediaMicro – adobe stock