Viele Gehälter werden kräftig steigen

Frau mit Geld Gehälter

„Sind 150.000 Euro Jahresgehalt bald ganz normal?“ fragt mit einem gewissen Entsetzen im Unterton das Handelsblatt. Kommentator Lazar Backovic wähnt eine gefährliche Blase, denn Fachkräftemangel, Akademisierung und Inflation treiben die Einkommen in Deutschland in die Höhe. Das birgt seiner Einschätzung nach gleich auf mehreren Ebenen Sprengstoff.

Einkommenssteigerungen von 30, 40 oder 50 Prozent mehr Gehalt könnten bald Realität werden. Drei Faktoren spielen hoch qualifizierten Arbeitnehmern langfristig in die Hände: Der Fachkräftemangel, die zunehmende Spezialisierung und die Inflation. Laut Branchenverband Bitkom waren zuletzt in der IT 96.000 Stellen unbesetzt. Bis 2030 könnten 1,1 Millionen Vollzeitkräfte in dem Bereich fehlen, wie eine Analyse der Boston Consulting Group kürzlich vorrechnete.

Kopfarbeiter gefragt

Schon heute berichten Gehaltsexperten in Feldern wie dem Data Engineering von Einkommenssteigerungen von bis zu 30.000 Euro – in einem Jahr. In großen Konzernen und teuren Gegenden wird man sich somit über kurz oder lang mit der Tatsache anfreunden müssen, dass ein spezialisierter ITler bald in Gehaltssphären von 150.000 Euro oder höher schwebt. Und nicht nur dort: Auch im Ingenieur- und Gesundheitswesen. Und in bislang unverdächtigen Geschäftsbereichen wie Marketing oder Vertrieb. Dort droht aufgrund des Zwangs zur fortschreitenden Digitalisierung und der nachfolgend wachsenden Nachfrage nach Fachkräften für den Aufbau und die Bedienung neuer Systeme Personalnot.

Gehaltsschere spreizt

Das bläht unter Wissensarbeitern die immer größer werdende Gehaltsblase. Was gleich auf mehreren Ebenen Sprengstoff birgt: Schon jetzt verdient ein Arzt ein Vielfaches eines Kranken- oder Altenpflegers. Trotz pandemiebedingter Gehaltssteigerungen wird sich die Einkommensschere in den kommenden Jahren weiter spreizen. Schließlich sind fünf oder zehn Prozent Gehaltssteigerung bei 30.000 oder 40.000 Euro in absoluten Zahlen deutlich weniger als fünf oder zehn Prozent von 100.000 oder 130.000 Euro. Auch in Produktionsbetrieben dürften die Spannungen zunehmen, wenn eine IT-Fachkraft bald das Vier- bis Fünffache eines Bandarbeiters verdient.

Neue Mitarbeiter teurer

Gerade für Arbeitgeber stellen die immer weiter wachsenden Gehälter, etwa nach Kündigung, Burnout oder Umstrukturierung, unternehmerisch ein großes Risiko dar: Neue Mitarbeiter sind oft teurer als die alten. Gerade im IT-Bereich ist das schon heute ein Problem. Bald schon dürfte es in einer Vielzahl von Branchen zum Standard werden. Kräfte fehlen aber auch immer häufiger im Bereich der gering Qualifizierten – weil immer mehr Jugendliche höhere Schulabschlüsse anstreben.

Nur gute Miene möglich

Einen einfachen Ausweg, aus diesem Dilemma gibt es nicht. Der Fachkräfte- wie Helfermangel hat aus dem Arbeitsmarkt längst einen Bewerbermarkt gemacht, der in manchen Nischen besonders bunte Blüten treibt. Betroffene Arbeitgeber können zum bösen Spiel nur gute Miene machen. Und sich bemühen, mehr Umsatz zu generieren, um sich auch morgen noch die besten Mitarbeiter leisten zu können.


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © ronstik – adobe stock