Ab 2023 wird eine ISO-Norm international einheitliche Standards für die Zertifizierung zum klimaneutralen Unternehmen festlegen. Daher sollten sich auch kleine und mittlere Unternehmen bereits jetzt mit ihrer Klimabilanz auseinandersetzen.
Immer mehr Firmen werben schon mit ihrem neuen Merkmal „klimaneutral“. Sie schränken die Entstehung von CO2 in der Herstellung, Lagerung, Verwaltung und Lieferung soweit wie möglich ein und kompensieren das entstandene CO2. Der Prozess verläuft in drei Schritten. Zuerst erfassen die Unternehmen ihren gesamten Energieverbrauch und die Emissionen, die durch verwendete Energieträger entstehen. Dabei wird jeder Bereich analysiert – von der Produktion bis zu den beruflichen Fahrten der Mitarbeiter. Auf dieser Datenbasis entsteht die CO2-Bilanz des Betriebes. Als Grundlage gilt bisher das Treibhausgasprotokoll Unternehmensstandards (Greenhouse Gas Protocol Corporate Standards). Der dritte und letzte Schritt ist der Ausgleich der Bilanz über den Kauf von Klimazertifikaten. Unternehmen unterstützen zum Beispiel Klimaschutzprojekte finanziell und gleichen damit den eigenen CO2-Fußabdruck aus.
Neuer Standard ISO 14068
Bisher ist der Begriff „klimaneutral“ weder auf deutscher noch auf europäischer Ebene geschützt oder über Normen definiert. Das wird sich in wenigen Monaten ändern: Aktuell arbeitet die EU an einer Norm, um das Etikett der Klimaneutralität zu vereinheitlichen. Voraussichtlich ab 2023 wird die internationale ISO Norm (ISO 14068) einheitliche Standards für eine Zertifizierung zum klimaneutralen Unternehmen bieten. Sich damit auseinanderzusetzen, wird laut der Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) also immer wichtiger für Firmen jeder Größe und jeder Branche. „Deutschlands Wirtschaftssektor soll – wie die anderen Sektoren auch – bis 2045 klimaneutral sein. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Jedes einzelne Unternehmen muss klimaneutral werden“, sagt Tatjana Ruhl, Leiterin Dekarbonisierung in der Industrie bei der DENEFF.
Kunden fordern
Der politische Wandel ist aber nicht der einzige Grund für Unternehmen, klimaneutral zu werden. Es liefert ihnen auch handfeste betriebswirtschaftliche Vorteile. Für manche Betriebe spielt es heute schon eine wichtige Rolle, Anforderungen zu klimaneutralen Produkten zu erfüllen und diese auch innerhalb von Lieferketten zu belegen. Beides wird zunehmend Voraussetzung für Auftragsvergaben. Daneben senken eingesparte Treibhausgase den Energie- und Ressourcenverbrauch. Und das wirkt sich gerade in Zeiten hoher Preise für Öl und Gas direkt auf den Geldbeutel aus.
Auch gesellschaftlich hat sich laut Tatjana Ruhl der Stellenwert der Klimaneutralität erhöht. „Schließlich geht es bei der Begrenzung der Folgen des Klimawandels um nichts weniger als den Erhalt von Frieden, Gesundheit und Wohlstand auf unserem Planeten. Dazu sollten auch Unternehmen ihren Beitrag leisten.“ Auf EU- Ebene wird derzeit das so genannte Fit-for-55-Paket verhandelt, das Verschärfungen und zusätzliche Pflichten mit sich bringen wird.
Bis zu 80.000 Euro Förderung
Dabei können Unternehmen mit finanzieller Unterstützung aus verschiedenen Töpfen rechnen: Über das Gesetz zur Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) können sie zum Beispiel bis zu 80.000 Euro Förderung erhalten, wenn sie sich von Beraterinnen unterstützen lassen. Im Zusammenhang mit Ressourceneffizienz sind neuerdings auch Wechsel und Einsparungen beim Material förderfähig. Wirklich lohnenswert wird es, wenn Unternehmen mittelfristig ihren Verbrauch kontrollieren und senken. Mindestens alle zwei Jahre sollten sie laut Experten ihren Fußabdruck aktualisieren. So lassen sich auch die Ergebnisse umgesetzter Maßnahmen gut nachvollziehen. Zudem können Unternehmen damit rechnen, dass Kosten und Aufwand für das Kompensieren mit den Jahren immer weniger werden.
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Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Kalawin – adobe stock