Die Finanzkompetenz der Europäerinnen und Europäer ist gering. Das zeigen die Ergebnisse einer Eurobarometer-Umfrage, die die Europäische Kommission veröffentlicht hat: Nur 18 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger verfügen demnach über ein hohes Maß an Finanzwissen, 64 Prozent über ein mittleres und 8 Prozent über ein niedriges Niveau. Nur in den Niederlanden, Schweden, Dänemark und Slowenien erreicht mehr als ein Viertel der Befragten eine hohe Finanzkompetenz. In Deutschland sind es 24 Prozent.
Die Ergebnisse der Umfrage in Deutschland unterscheidet sich nur in wenigen Punkten von denen anderer Länder: Bei fünf Wissensfragen erreichte jeder dritte Deutsche (32 Prozent) das höchstmögliche Ergebnis, EU-weit waren es weniger, 26 Prozent. Bei der Frage nach der Einschätzung des eigenen Wissens über finanzielle Belange, beschrieben 6 Prozent der Deutschen Ihr Know-how als sehr hoch, 21 mit „recht hoch“ und 56 Prozent als „durchschnittlich“. EU-weit lagen die Werte bei 5, 25 und 52 Prozent.
Deutsche sorgen besser vor
In Sachen Notgroschen sind die Deutschen leicht bessergestellt als ihre Nachbarn: 34 Prozent kämen mit ihrem Ersparten sechs Monate oder länger aus, 20 Prozent immerhin drei Monate, 15 Prozent noch einen Monat. 16 Prozent gaben an, keinen Notgroschen zu haben. In Sachen Rente gehen 50 Prozent der Deutschen davon aus, dass sie mit ihrer Rente hinkommen, EU-weit sind es 42 Prozent. Gefragt nach den Finanz- und Versicherungsverträgen, berichteten 21 Prozent der Deutschen von einer privaten Zusatzversorgung fürs Alter (22 in der EU), jeder Vierte hat eine Lebensversicherung (31 Prozent in der EU), 17 Prozent Einkommen aus Mieten (20 in der EU) und 33 Prozent (24 in der EU) halten Aktien oder Fondsprodukte.
Zufriedenheit höher
Final wollten die EU-Marktforscher wissen, wie zufrieden die Menschen mit dem Rat Ihrer Banken oder Versicherungen sind, wie sehr sie glauben, dass in der Beratung die Kundeninteressen im Mittelpunkt stehen. Die Ergebnisse zeigen Verbesserungspotenzial auf: EU-weit waren gerade einmal 38 von 100 Befragten „sehr oder gut zufrieden“, in Deutschland immerhin 42 Prozent. Richtig unzufrieden zeigten sich aber gerade einmal 21 Prozent der Deutschen und 25 Prozent der anderen EU-Bürger.
Weckruf für die Politik
„Diese erste EU-Erhebung zur Finanzkompetenz ist ein Weckruf für uns und die Mitgliedstaaten. Sie zeigt, dass die Menschen nicht das meiste aus ihrem hart verdienten Geld herausholen“, sagte Mairead McGuinness, EU-Kommissarin für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion. Gemeinsam müsse man jetzt mehr tun, um das Niveau der Finanzkompetenz in der EU zu verbessern. Die EU-Kommissarin sagt weiter: „Es liegt im Interesse aller, den Menschen das Vertrauen und die Fähigkeiten zu vermitteln, um fundierte Entscheidungen über ihr Geld treffen zu können. Sie wirkt sich positiv auf das persönliche und finanzielle Wohlergehen der Menschen und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Einkommensschocks aus.“ Diese Eurobarometer-Umfrage werde dabei helfen, die Anstrengungen der EU auf die Finanzthemen auszurichten, in denen sie am dringendsten benötigt werden.“
Strategie für Kleinanleger
So gibt es bereits eine Strategie der EU, deren Ziel es ist, Kleinanleger in die Lage zu versetzen, Anlageentscheidungen zu treffen, die ihren Bedürfnissen und Präferenzen entsprechen, und sicherzustellen, dass sie fair und angemessen geschützt werden. Außerdem werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, Lernmaßnahmen zu fördern, die die Vermittlung von Finanzwissen der Verbraucher in Bezug auf „verantwortungsvolle Investitionen“ unterstützen.
Aktionsplan vorgelegt
Die Strategie ist Teil des Aktionsplans für die Kapitalmarktunion, der im September 2020 vorgelegt wurde. Dort bekräftigte die Kommission, dass eine solide Finanzkompetenz im Mittelpunkt des finanziellen Wohlergehens der Menschen steht. Im Anschluss daran haben die Kommission und die OECD im Januar 2022 gemeinsam einen Finanzkompetenzrahmen für Erwachsene entwickelt.
Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © pingpao – adobe stock