In Zeiten des Fachkräftemangels nimmt die Zahl ungewöhnlicher Beschäftigungsverhältnisse zu. Stets im Fokus des Finanzamts und mehr noch der Sozialversicherer sind dabei die sogenannten „Freien Mitarbeiter“. Die gelten schnell als Scheinselbstständige, wenn sie nur für eine Firma arbeiten oder sich nicht eindeutig als externe Dienstleister markieren.
Die Frage der Sozialversicherungspflicht von Helfern ist bei Firmen wie bei gemeinnützigen Vereinen ist immer wieder Gegenstand sozialgerichtlicher Entscheidungen. Das Landesozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat jetzt im Fall einer „Gesamtkoordinatorin“ eines gemeinnützigen Jazzclubs festgestellt, dass es keine Rolle spielt, wie der Vertrag bezeichnet wird.
Zu breites Aufgabenspektrum
Die Klägerin ist eine gemeinnützige GmbH (gGmbH), die einen Jazzclub betreibt und für den Spielbetrieb eine Koordinatorin beauftragt hatte. Der Vertrag sah eine „freie Mitarbeit“ mit einem Stundenlohn von 18 € vor. Für ihre Tätigkeit nutzte die Koordinatorin im Wesentlichen ihren eigenen Laptop und ihr Telefon. Ihr wurde durch die Klägerin eine E-Mail-Adresse zur Verfügung gestellt und sie konnte auch im Büro des Clubs einen Arbeitsplatz nutzen. Sie musste die telefonischen Ticketverkaufszeiten einhalten und an den Konzertabenden zur Verfügung stehen. Daneben war sie unter anderem als Dolmetscherin tätig, trat aber in beiden Berufsfeldern nicht werbend am Markt auf.
Problem Aufgabenabgrenzung
Nach Ansicht des LSG können die erbrachten Dienstleistungen zwar sowohl in Form einer abhängigen Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Hier sprachen jedoch wesentliche Punkte gegen eine freie Beschäftigung: Der Koordinatorin waren nicht nur konkret abgrenzbare Aufgaben und Aufträge innerhalb des Spielbetriebs übertragen worden, sondern auch die „Assistenz des künstlerischen Leiters“. Ihr allein oblag die Gesamtkoordination des Spielbetriebs, woraus sich schon die erforderliche Eingliederung in den Betrieb der gGmbH ergab.
Fallstrick Stundenhonorar
Darüber hinaus war sie eigenverantwortlich dafür zuständig, im Interesse der gGmbH alle erforderlichen Arbeiten zu erledigen, um ein Gelingen des Jazzclubs zu gewährleisten. Für das LSG ergab sich das Gesamtbild der Eingliederung und damit einer abhängigen Beschäftigung, weil sie auch nach außen nicht als selbständige Konzertagentur aufgetreten war, sondern unter Verwendung der E-Mail-Adresse der gGmbH in deren Auftrag. Für eine abhängige Beschäftigung sprach hier auch der Stundenlohn von 18 €. Ein sehr hoher Stundenlohn spräche eher für eine freie Beschäftigung, da die Honorarkraft selbst die Abgaben abführen muss. Nach Einschätzung von Juristen ist die Entscheidung des Landessozialgereichts im Südwesten eins zu eins auf Vereine übertragbar, auch wenn sie zu einer gGmbH ergangen ist.
„Freie“ stehen immer wieder im Fokus
Je nach Leistungsfähigkeit ihrer Ermittlungsteams sind auch die Finanzämter sowie die Sozialversicherer stets auf der Suche nach abhängig Beschäftigen sowie Freien Mitarbeitern. Weitere Kriterien sind die Weisungsbefugnisse, respektive der Grad der Souveränität sowie der Grad der Einbindung im Betrieb. Kritisch wird es immer dann, wenn ein „Freier“ nur für einen Auftraggeber arbeitet. Die Pflicht zur Kontrolle liegt bei der Geschäftsleitung oder de Personalabteilung. Fnden die Behörden Scheinselbstständige müssen die Betriebe mindestens Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.
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