Wenn etwas die Welt von heute bewegt, kann man es messen. Und zwar an der Zahl der Suchen oder Downloads im Internet. Einen neuen Rekord hat jetzt die Online-Anwendung ChatGPT der amerikanischen Stiftung OpenAI aufgestellt: In den ersten zwei Monaten nach ihrem Launch wurde die App 100 Millionen Mal heruntergeladen. Zum Vergleich: Die weltweit beliebte Social Media-Anwendung Instagram hat dafür zweieinhalb Jahre gebraucht.
Doch was genau ist ChatGPT? Das ist eine interaktive Softwareanwendung, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) beruht und so programmiert ist, dass sie vieles weiß und beständig dazulernt und deshalb immer bessere Ergebnisse liefert. Dem ChatBOT kann man alles Mögliche fragen. Oder ihn sogar auffordern Texte, Gedichte oder eine Software zu schreiben. Oder Texte aller Art zu übersetzen. Oder Bilder zu malen. Binnen Sekunden hält man das Ergebnis in Händen.
Eloquent und strukturiert
Jeder kann ChatGPT nach der Anmeldung auf https://chat.openai.com/ kostenfrei nutzen. Aufgrund des großen Interesses geht die Website allerdings öfters in die Knie. Wer es in das Programm schafft, kann Texte erstellen, „die sich eloquent und strukturiert lesen und von einem Journalisten oder einer Schriftstellerin sein könnten“, konstatierte das Handelsblatt. Es kann Fragen oder Hinweise mit bis zu 1.500 Wörtern verarbeiten.
Reicht für ein Examen
Der Chatbot ist so gut, dass er an der US-Eliteuniversität Wharton das MBA-Examen bestehen würde – und zwar mit der Note „Zwei minus“, wie Professor Christian Terwiesch kürzlich in einer Studie schrieb. Die Erklärungen seien „exzellent“ gewesen. Die Qualität der Antworten ist erfahrenen Textern zufolge erstaunlich. Die Chefredakteurin der Zeitschrift Impulse fragte neulich als Einstieg in ihre Bewertung von ChatGPT einen lustigen Text über eine Socke ab. Das Programm spuckte einen Text aus, der sogar aus der Perspektive einer Socke verfasst war, die ihr Gegenstück verloren hatte und nun eine arme, einsame Socke war.
Profi-Texte sollten besser bleiben
Jeder, der sich heute mit dem Texten von Reden, Fachbeiträgen oder SEO-Texten für den Onlineshop herumschlägt, stellt sich natürlich die Frage, was die künstliche Intelligenz für das Content Marketing bedeutet? Impulse-Chefin Nicole Basel wagte vier Thesen: „1. Die Masse an mittelmäßigem Content wird enorm zunehmen. Selbst Menschen, die frei von Schreibtalent sind, können nun innerhalb kürzester Zeit passable Texte zu allen möglichen Themen generieren. 2. Persönlichkeit wird noch wichtiger. Um herauszustechen, braucht man in Zukunft (und in Wahrheit ja auch schon jetzt) Content, den man nur schwer kopieren kann, zum Beispiel mit persönlichen Meinungen und Einschätzungen, persönlichen Stories, Humor und originelle Ideen. 3. KI wird reine Textproduzenten schon sehr bald ersetzen, den Marketingleuten das Copywriting, abnehmen. 4. Wir werden nie wieder vor einem leeren Blatt Papier sitzen. Ist das nicht fabelhaft? ChatGPT kann uns eine Grundlage liefern, mit der wir weiterarbeiten können.“
Prüfung braucht mehr Wissen
Das Urteil der renommierten Fachjournalistin überrascht nicht. Wer aber glaubt, KI ersetze eigenes Nachdenken wird genau so weit kommen wie Schüler, die sich ihre Hausaufgaben von der Software schreiben lassen und ungelesen bei den Lehrern abgeben. Sollen die doch herausfinden, was nicht stimmt. Letztlich braucht es immer mehr Know-how als die Software hat, um einigermaßen sicher prüfen zu können, wie wahr und sinnvoll das Ergebnis ist.
Selbst Fragen beantworten
ChatGPT zeigt zum ersten Mal für die breite Masse nachvollziehbar, wie weit die Arbeiten an künstlicher Intelligenz schon gediehen sind. Und die bereits erreichte Qualität lässt erahnen, dass die Ergebnisse noch viel besser werden, wenn wir die Fragen künftig direkt in unsere Lieblingssuchmaschine geben und statt einer Linkliste fertige Antworten erhalten. Wichtiger ist jetzt, sich die Frage zu stellen, wie man als Publisher davon profitieren kann? Vielleicht damit, dass man schon heute auf seiner Website viele Fragen beantwortet – worauf soll künstliche Intelligenz sonst zugreifen, wenn nicht auf unser Wissen?
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Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © michagehtraus – adobe stock