Vom ersten Tag bis heute genießen wir das Fernsehbild im rechteckigen Querformat. Das könnte auf Sicht anders werden. Die ersten Couch-Surfer drehen jetzt schon die schmale Seite ihres Bildschirms nach oben.
Der Grund heißt „Mobile First“. Das ist die Grundregel der Webdesigner. Es mahnt sie, vor allem an die mobilen Internetnutzer zu denken. Deshalb werden die Inhalte der Medien mehr und mehr den meistgenutzten Geräten angepasst. Und das sind nicht länger die Bildschirme der PCs, sondern immer öfter Smartphones. Und die hält man ja geübterweise sicherer hochkant in der Hand.
Vorreiter TikTok
Letztere Erkenntnis mag auch die chinesischen Inhaber und kalifornischen Macher des Videoportals fürs junge Volk, TikTok, bewegt haben. Dort können seit 2018 nur Videos hochgeladen werden, die im Hochformat aufgenommen wurden. Nebeneffekt: Mit einem einfachen Wischen auf der mobilen Mattscheibe wechselt man vom ersten zum zweiten oder zum einhundertfünfundneunzigsten Kurzvideo. Denn so viele Zwölfsekünder stehen für die durchschnittliche Nutzungszeit pro Tag von 39 Minuten!
Youtube zieht nach
TikToK ist heute das am schnellsten wachsende Soziale Netzwerk; über zwei Milliarden Menschen haben die App bereits auf ihrem Smartphone. Um die Jugend nicht ganz an den asiatischen Wettbewerber zu verlieren, hat der mit 16 Jahren weltweit älteste und bislang noch meistbesuchte Video-Sammler Youtube (übrigens eine us-amerikanische Google-Tochter mit knapp 20 Mrd. Dollar Jahresumsatz) jetzt nachgezogen und sein neues Format Youtube Shorts an den Start gebracht. Und jetzt raten sie mal, in welchem Format die per App zu bearbeitenden und mit Musik unterlegbaren Videos nur sein dürfen? Richtig, im Hochformat.
Hochformat war Standard
Nun lässt sich lange streiten, in welchem Format man mehr vom Bild hat. Blicken wir mal in die Historie: Kirchenfenster sind schmal und hoch. Die meisten Spiegel zeigen seit Jahrhunderten das Hochformat. Die Ölbilder in der Ahnengalerie auch. Zeitungen, Zeitschriften, die meisten Bücher und bedruckte Blätter haben noch heute die schmale Seite oben. Aber das ist ja alles analog, also von gestern. Erst das Kino und später das Fernsehen hat unser Bild von der Welt in die Breite gezogen.
Digitales Spiegelbild
Mit den Stichworten Spiegel oder Porträt kommen wir dem Hype auf die Spur: Will man vor allem sich betrachtet wissen, also nur einen Menschen in den Mittelpunkt des Bildes rücken, ist das Hochformat ideal. Somit siegeln die neuen Medien nur die Bevorzugung des Egos der aktuellen Jugend wider: Erst ich – Influencer zeigen vor allem sich selbst. Wie sonst soll man es an die Spitze von DSD und Co. schaffen, wenn man sich nicht ins Rampenlicht wagt?
Perspektivwechsel
Wären mehrere Menschen im Leben unseres Nachwuchses wichtig, wäre man mit dem Querformat wohl besser bedient. Es bleibt abzuwarten, ob uns die jüngsten Medien uns auf Sicht dazu zwingt, den Fernseher künftig anders aufzuhängen. Aber spannend ist der Perspektivwechsel für uns Quergucker zweifelsohne. Man möchte ein hochkant gesetztes ODER anfügen. Wenn es Ihnen auch so geht, drehen Sie jetzt einfach Ihr Smartphone!
Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © DC Studio – adobe stock