Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe hat die Auswirkungen der deutschen Klimaziele im Verkehrssektor analysiert. „Rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge stehen heute schon in großem Umfang kommerziell zur Verfügung und stellen die energieeffizienteste Lösung dar“, erklärt Prof. Dr. Martin Wietschel, Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme.
Batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) weisen den Fraunhofer-Berechnungen zufolge schon mit dem heutigen Strommix die geringsten Treibhausgasemissionen auf. Bei einem 2020 erworbenen Stromer halbieren sich die Emissionen gegenüber einem Benziner. Mit einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien im Strommix soll dieser Vorteil 2030 rund 60 Prozent betragen. Selbst wenn die Ziele im Stromsektor nur teilweise erreicht werden sollten, schneiden BEV und auch Plug-in-Hybride nach den Berechnungen der Fraunhofer-Forscher besser ab als Benzin- oder Dieselfahrzeuge.
PHEV nur eine Brücke
Plug-in-Hybride (PHEV) können kurzfristig zur Senkung von Treibhausgasen beitragen, wenn sie mindestens 40 Prozent ihrer Fahrten elektrisch zurücklegen. Da sie aber mittel- und langfristig zur Erreichung der Klimaziele auch mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden müssten, bewerten die Experten sie als Brückentechnologie.
„Vergleichsweise nachhaltig“
Neben der Ökobilanz der verschiedenen Antriebstechnologien hat Fraunhofer deren Wirtschaftlichkeit untersucht. Bei den Total-Cost-of-Ownership, also den Gesamtkosten, haben sie hierfür alle Kosten für Anschaffung und Nutzung eines Pkws aus volkswirtschaftlicher Sicht berücksichtigt. Auch dabei erweisen sich Elektroautos kurz-, mittel und langfristig als vergleichsweise nachhaltige Option. Sie bleiben auch dann gegenüber anderen alternativen Antrieben wirtschaftlich vorteilhaft, wenn man unterstellen würde, dass nach der Hälfte der Nutzungszeit die Batterie ersetzt werden muss.
E-Fuels und Brennstoffzelle
Synthetische Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren sind den Berechnungen der SI-Forscher zufolge wegen der hohen Kosten weder heute noch in absehbarer Zukunft wirtschaftlich. Auch stünden Autos mit Brennstoffzelle, die mit Wasserstoff betrieben werden, derzeit kaum zur Verfügung. Nach Ansicht des Fraunhofer-Institutes können sie im kommenden Jahrzehnt eine Ergänzung zu Batteriefahrzeugen bei großen und schweren Fahrzeugen mit hohen Anforderungen an die Reichweite darstellen. Sie werden nach derzeitigem Stand aber eine Randerscheinung bleiben. Damit fehlen Skaleneffekte, die sie bei den Gesamtkosten auf ein mit batterieelektrischen Fahrzeugen vergleichbares Niveau senken würden.
Herstellung noch zu verbessern
Alle untersuchten, alternativen Antriebstechnologien weisen im Herstellungsprozess noch einen zu hohen ökologischen Rucksack auf, der das positive Ergebnis spürbar mindert. Elektroautos, Plug-in-Hybride und Wasserstoffautos haben im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen einen höheren Ressourcenverbrauch von beispielsweise Lithium, Kobalt oder Platingruppenmetallen. Derzeit fließt viel Geld in die Forschung, um diesen Punkt zu verbessern. „Auf der ganzen Welt zeigt sich hier bereits seit mehreren Jahren ein starkes Wachstum bei Patent- und Markenanmeldungen im Bereich der alternativen Antriebstechnologien“, erläutert Dr. Luisa Sievers vom Fraunhofer-Institut.
Gesamtkonzept fehlt noch
Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, sollten Unternehmen nach Ansicht des Fraunhofer-Institutes an allen zentralen Wertschöpfungsstufen der alternativen Antriebe beteiligt sein – insbesondere Batterien, Elektromotoren und Leistungselektronik. Neben dem beschleunigten Ausbau der Ladeinfrastruktur halten die Forschenden hauptsächlich die Entwicklung einer strategischen Gesamtkonzeption autonomer Mobilität für notwendig. Diese sollte auch die Nachhaltigkeit des Mobilitätssystems explizit berücksichtigen, zum Beispiel mittels Carsharing-Modellen.
Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Patrick P. Palej – adobe stock