Soziales Engagement zeigen, ökologisch handeln, sich für die Beseitigung von Missständen einsetzen: Das sogenannte Haltungsmarketing ist in vielen Unternehmen ein heiß diskutiertes Thema. Denn sowohl Kunden wie potenzielle Mitarbeiter, Beschäftigte, Lieferanten sowie nicht zuletzt Politik und Gesellschaft stellen zunehmend Ansprüche, die über den eigentlichen Unternehmenszweck hinausgehen.
Im Grund geht es um die Corporate Social Responsibility, die Verantwortung für das eigene Handeln im Abgleich mit den sich weiter entwickelnden Anforderungen der Gesellschaft. Oder um den Anspruch an sich selbst, neue Impulse zu erkennen und aufzunehmen, das Unternehmen als solches immer weiter voranzubringen.
Mal einfach, mal schwierig
Kaum ein Unternehmen kann mehr unbehelligt dem Gewinnstreben frönen, immer mehr müssen darüber nachdenken, wie sie als nützlicher Teil von Gesellschaft wahrgenommen werden können. Dabei hilft eine intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Werten. Das ist für Firmen, die von ihren Gründerinnen oder Gründern geführt werden, oft ganz einfach. Auch bei Familienunternehmen decken sich die obersten Maximen im Umgang mit Mensch und Gesellschaft oft mit denen, die die Inhaber im Herzen tragen. Ungleich schwieriger ist es bei Firmen und Konzernen, bei denen das Management öfter wechselt und zumeist nur angestellt ist. Dann gilt es Werte zu formulieren, die eine Chance haben, den nächsten Wechsel zu überdauern.
Fairness will garantiert sein
Und die Werte wollen nicht nur aufgeschrieben sein, sie müssen auch mit Leben erfüllt werden. Wer sich der Diversität verschrieben hat, sollte alles daransetzen, eine möglichst bunte Mitarbeiterschaft zu rekrutieren. Wer den Umweltschutz predigt, sollte die Abgasreinigung regelmäßig überprüfen, Flächen entsiegeln, Grünraum für Pflanzen- und Tiervielfalt schaffen. Auch Fairness im Umgang mit Kunden und Lieferanten ist ein hehrer Wert, den man auch garantieren muss, wenn man ihn verspricht. Denn bei der Wertewahrung killt die Ausnahme die Regel.
Erst machen, dann werben
Wichtig auch: die Kommunikation sollte möglichst nicht vor, sondern nach der Maßnahme erfolgen. Werte sind zu beweisen. Und ihre Einhaltung muss einer Überprüfung standhalten können. Eine intelligente Gesellschaft besitzt genügend kluge Köpfe, die ihren Sinn darin finden, die Versprechungen von Unternehmen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Auf „Washing“, wie das laute Werben mit nicht eingehaltenen Versprechungen genannt wird, steht die Höchststrafe: Shitstorms in sozialen Medien, Proteste von Aktionsgruppen und nachfolgend kritische Berichte in allen Medien.
Nützlich für Mitarbeiterakquise
Werte kann man kommunizieren, muss man aber nicht. Je länger man sich im unternehmerischen Kontext mit dem Thema beschäftigt, umso mehr fällt auf, wie nützlich das darüber reden ist. Vor allem im Wettstreit um neue Mitarbeiter. Denn die – und gerade die jüngeren unter ihnen – achten sehr darauf, einen Arbeitgeber zu bekommen und zu haben, dessen Nutzen für die Gesellschaft über den eigenen Unternehmenszweck hinausgeht.
Versprechen einlösen
Aber auch hier: Wer den Mitarbeitern Wertschätzung verspricht, muss dieses Versprechen auch einlösen. Und nicht nur durch ein Schulterklopfen im Vorbeigehen, sondern durch Anerkennung individueller Leistung, am besten auch vor anderen. Auch eine versprochene Familienfreundlichkeit will gelebt sein. Dass die Kinder der Mitarbeitenden im Mittelpunkt der Familienfeste stehen, sollte ebenso eine Selbstverständlichkeit sein wie der Verzicht auf Urlaubssperren in den Ferien für Eltern schulpflichtiger Kinder.
Anders ist die Kür
Muss man als Unternehmen zwingend „modern“ oder gar „progressiv“ sein? Nein, nicht unbedingt. Es gibt unzählige Branchen, in denen Sicherheit und Bodenständigkeit, Verlässlichkeit und Berechenbarkeit bedeutende Werte sind. So kann es aus Sicht des Marketings auch richtig sein, wertkonservativ zu bleiben. Denn am Ende geht es auch darum, sich vom Wettbewerb abzuheben, als etwas Besonderes erkennbar zu sein und zu bleiben. Bestes Beispiel dafür ist der eben 81-jährig in Rente gegangene Trigema-Chef Wolfgang Grupp, dessen strenge Haltung zu vielen Themen vordergründig viele verschreckt und hintergründig dennoch Respekt abgenötigt hat.
Umweltarbeit 2.0
Liebstes Themenfeld aktuell ist die Nachhaltigkeit. Quasi der Nachfolger der Umweltarbeit in den Unternehmen. Was einst mit Mülltrennung an jedem Schreibtisch begann, hat sich zu einer ganzheitlichen Betrachtung von Umwelteinwirkungen ausgebaut. In diesem Themenbereich zeigt sich zum einen, wie die Erwartungen der Gesellschaft an die Unternehmen gestiegen sind. Und zum anderen, wie sehr Firmen davon profitieren können, in diesem Komplex immer besser zu werden.
Keine Hektik
Gut gemacht sind Haltungsmarketing und CSR immer dann, wenn es nicht wie geschminkt sondern wie angeboren wirkt. Deshalb ist zu einem langsamen Aufbau angeraten, damit immer ausreichend Zeit bleibt, aus Worten Taten zu machen. Und auch dafür, die Menschen im Umfeld mitzunehmen. Haltung zu entwickeln ist ebenso ein Prozess, wie sie zu pflegen. Und es ist keine Frage, ob man sich das leisten kann oder nicht.
Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Bluedesign – adobe stock