Haben Praktikanten Anrecht auf den Mindestlohn?

Mindestlohn Praktikum

Um es vorwegzunehmen – in den seltensten Fällen. Und zwar nur dann, wenn ein Praktikum freiwillig geleistet wird und länger als drei Monate dauert. In allen anderen Fällen besteht weder Anrecht auf ein Taschengeld als Dankeschön, eine Vergütung als Minijobber oder gar auf mehr.

Eine entsprechende Entscheidung (8 Sa 206/20 Rev. Vom 16. März 2021) hat jetzt das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz getroffen, wie Steuerberaterin Katharina Bruns von der Kanzlei Zahlmann Klose Nolting (Löhne) berichtet. Die Richter unterschieden klar zwischen einem Praktikum, zu dem man von der Schule, der Ausbildungsordnung, zur Bestätigung einer Berufsfachschulausbildung oder für einen Studium verpflichtet wird. Unabhängig von der Länge könne für diese Art Praktikum kein Mindestlohn eingefordert werden, stellte das LAG fest.

Anders sieht es nur bei freiwilligen Praktika aus, die über einen Zeitraum von drei Monaten hinausgehen. Ab dem Beginn des vierten Monats hätten solche Praktikanten Anrecht auf eine Vergütung oberhalb von derzeit 9,60 Euro pro Stunde.

Bei der Diskussion um die Vergütung von Praktika gibt es jedoch eine deutliche Lücke zwischen Gesetz und Realität. Bei Schülerpflichtpraktika zwischen einem Tag und zwei Wochen gelten ein kleines oder größeres Dankeschön als Standard in vielen Branchen. Auch Arbeitgeber, die Studentenpraktika bieten, können unabhängig vom Nicht-müssen vom ersten Tag an ein Gehalt zahlen. 400 Euro gelten derzeit als absolutes Minimum, 700 bis 1.200 Euro sind häufiger genutzte Richtwerte.

Experten sind sich einig darin, einfach die Entlohnung an der Größe des Beitrags zu bemessen, den ein Praktikant in seiner Zeit im Unternehmen leisten kann. So wird ein Schüler nur in wenigen Branchen Nennenswertes erarbeiten können. Studenten, die mit fachlicher Vorqualifikation in ein Unternehmen kommen, können in drei oder sechs Monaten hingegen viel zum Unternehmenserfolg beitragen. Und zwar unabhängig vom Status Pflicht oder Freiwilligkeit.

Mitentscheidend, ob ein Unternehmen eine freiwillige Vergütung anbietet, ist sicher auch, wie sehr es unter Nachwuchsmangel leidet. Denn Praktikanten machen den wohlwollenden Anbietern nicht nur Arbeit, sie könnten im besten Fall auch die Kollegen von morgen werden. Die gesetzlichen Regelungen beschreiben nur, wann Unternehmen zahlen müssen und wann nicht. Ob man die Mithilfe unterhalb der Drei-Monats-Frist vergüten will, muss jede Chefin und jeder Chef für sich entscheiden.


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © cherryandbees – adobe stock