Zwei Drittel aller Kunden richten sich bei ihrer Kaufentscheidung nach Bewertungen auf Online-Portalen, so der Handelsverband Deutschland. Gleichzeitig existieren auf den Internet-Plattformen viele gefälschte Kommentare, sogenannte Fake-Bewertungen. Die verursachen Milliardenschäden bei jenen Onlinehändlern, die nicht beim großen Mauscheln mitmischen. Eine Gesetzesneuregelung soll jetzt die Guten schützen und mehr Sicherheit für die Kunden bringen.
Falsche Bewertungen führen dazu, dass Kunden falsche Kaufentscheidungen treffen. Das verursacht in der Praxis Reklamationen und Retouren. Technisch rutschen die zu Unrecht gut bewerteten Produkte nach oben, das benachteiligt die Wettbewerber, weil ihre Produkte aus der Wahrnehmung der Kunden rutschen. Am Ende schneiden sich die Auftraggeber von Fake-Bewertungen aber ins eigene Fleisch, sie haben durch die Rückgabe von Produkten nicht nur mehr Arbeit und Kosten, sie trifft auch der Vertrauensverlust der Verbraucher mit voller Wucht.
Missbrauch war lange zu einfach
Falsche Bewertungen kommen auf vielen Wegen zustande: Oft sind es spezialisierte Agenturen, die im Auftrag ihrer Kunden freien Mitarbeitern Geld für gute Benotungen zahlen. Zehn bis zwölf Euro für eine Bestnote sind keine Seltenheit. Andere mailen Endkunden nach dem Kauf über soziale Medien an, bieten eine Rückerstattung des Kaufpreises für eine Top-Bewertung. Oder Sie fordern Rezensenten gezielt auf, ihre Benotung zu erhöhen. Auch gibt es immer häufiger automatisierte Bewertungen mittels Bots und Fakeprofilen. Nicht zuletzt geben Inhaber, Mitarbeiter oder deren Angehörige immer wieder Top-Bewertungen für die eigenen Produkte ab.
Jede Zwanzigste Bewertung ist falsch
Wie viele der Abermillonen Bewertungen im Netz falsch sind, mag kein Experte zu benennen. Erste Analysen deuten darauf hin, dass webweit etwa jede zwanzigste gefälscht ist. Das sagt aber nichts über die Bewertungen eines einzelnen Produkts aus, dabei können auch alle falsch sein. Je teurer ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, desto eher rechnet sich der Aufwand für den Anbieter, den Hebel Fakebewertung anzusetzen.
Plattformen nehmen den Kampf auf
Seriöse Plattformbetreiber kämpfen gegen Fakebewertungen. So hat zum Beispiel Amazon eine eigene Abteilung eingerichtet, die falsche Bewertungen aufspüren und löschen soll. Zum Einsatz kommt dabei auch eine Software, die automatisch erkennt, dass Bots am Werke sind, wenn ein vermeintlicher Rezensent binnen weniger Minuten 50 Bewertungen abgibt. 200 Mio. falsche Bewertungen habe Amazon allein in einem Jahr gelöscht berichtete jetzt ein Sprecher auf Nachfrage der Frankfurter Rundschau. Auch viele kleinere Plattformen geben sich Mühe, Fake-Bewertungen zu entlarven.
Thema für Justiz bisher schwierig
Gefälschte Bewertungen zu entlarven ist ebenso schwierig wie die Verursacher auf gerichtlichem Wege zu belangen. So hatte ein Reisebewertungsportal in der Vergangenheit immer wieder Agenturen wegen Fake-Bewertungen vor Zivilgerichte zitiert. Leider zeigte sich, dass Die überführt wurden einfach unter verändertem Namen ihre Arbeit weiterführen. Würden Fake-Bewertungen mit dem Strafrecht geahndet, gäbe es eine stärkere Handhabe und auch eine höhere Abschreckung sind sich die Plattformbetreiber einig.
Neue Richtline bremst Profi-Faker aus
Für mehr Transparenz soll die jüngst verabschiedete Omnibus-Richtlinie sorgen: Die verpflichtet die Händler zu prüfen, ob Bewertungen echt sind. Und sie müssen darüber informieren, wie sie das tun. Nur positive Bewertungen zu veröffentlichen und negative zu unterdrücken, ist jetzt untersagt. Wer dennoch falsche Bewertungen anzeigt, musss sich ab sofort EU-weit wegen „unlauterer Geschäftspraktik“ verantworten. Die neue Richtlinie soll vor allem den gewerblichen Falschbewertern einen Riegel vorschieben.
Kunden müssen genau hinschauen
Aber auch die Kunden können selbst verhindern, auf Falschbewertungen hereinzufallen. Oft hilft ein Blick in die Bewertungshistorie: Gab es früher viele schlechte und heute nur gute Bewertungen, dann ist das verdächtig. Kann aber dennoch richtig sein, weil zum Beispiel ein Restaurant einen neuen Koch oder eine neue Serviceleitung eingestellt hat. Glaubwürdiger seien immer mittlere Bewertungen, weil sie in der Regel differenzierter begründet sind.
Öfter eigene Kommentare abgeben
Ein weiterer Weg, die Qualität der Bewertungen im Netz zu steigern, liegt darin, mehr eigene zu schreiben. Und zwar nicht nur fünf oder einen Stern zu vergeben, sondern vor allem zu begründen, warum man diese oder jene Note vergeben hat. Nur so werde das Prinzip der Bewertungen für alle anderen Kunden wie auch für die Anbieter hilfreich. Und die sind ohnehin gut beraten, wenn Sie auf Bewertungen antworten. Nicht nur mit einem „Danke“ für die besonders guten, sondern vor allem auch mit klaren Worten bei den vielleicht ungerecht schlechten.
Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Daniel – adobe stock