Impulse für den Bau gehen dem Handwerk in OWL nicht weit genug

Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer, Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld Foto: Jörg Dieckmann

Die Bundesregierung will den Bau bezahlbarer Wohnungen massiv ankurbeln: Mit besserer Förderung und einheitlichen Bauordnungen für serielles Bauen. Und mit Erleichterung für den Ausbau von Läden, Büros und Dachgeschossen. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesbauministerin Klara Geywitz stellten dafür ein teils angestoßenes, teils geplantes Maßnahmenpaket vor. Dem Sprecher des ostwestfälischen Handwerks, Dr. Jens Prager, geht das 14-Punkte-Programm der Bundesregierung nicht weit genug.

Privaten Wohnungsbau ankurbeln

Die Bundesregierung will die Förderung für klimafreundliche Neubauwohnungen und die Wohneigentumsförderung für Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen attraktiver machen. Die Kredithöchstbeträge werden um 30.000 Euro und die Einkommensgrenzen von 60.000 Euro auf maximal 90.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen angehoben. Je weiterem Kind können 10.000 Euro hinzuverdient werden. 2024 und 2025 will sie außerdem ein zusätzliches Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden auflegen.

Förderung für Sozialwohnungen aufgestockt

Mit einer Rekordsumme von gut 18 Milliarden Euro bis 2027 hat die Bundesregierung die Förderung des sozialen Wohnungsbaus massiv aufgestockt. Durch die Mittel, die die Länder dazu geben, kommen etwa 45 Milliarden Euro für die soziale Wohnungsbauförderung zusammen. Bereits im nächsten Jahr will die Bundesregierung zudem eine neue Wohngemeinnützigkeit starten, um dauerhafte Sozialbindungen zu schaffen. Sie will dies mit Investitionszuschüssen und Steuervorteilen unterstützen.

Dachgeschoss-Ausbau bald genehmigungsfrei

Die Bundesregierung hat bereits mehrere Gesetzespakete auf den Weg gebracht, um  den Wohnungsbau spürbar zu beschleunigen. Mit der Digitalisierungsnovelle im Baugesetzbuch wurden die Genehmigungsfristen für Bauleitpläne von drei auf einen Monat verkürzt. Die Länder planen bereits zum November Änderungen in den Landesbauordnungen: Beispielsweise soll eine einmal in einem Bundesland erteilte Typengenehmigung für das serielle und modulare Bauen bundesweit gelten. Bis 2026 befristet soll in allen Landebauordnungen eine fingierte Genehmigungsdauer von drei Monaten eingeführt werden. Der Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken soll genehmigungsfrei werden.

Ausbau von Büros und Läden zu Wohnungen

Viele Büros und Läden stehen leer. Hierin schlummert ein Potenzial von bis zu 235.00 neuen Wohneinheiten, hat das Bundesinstitut für Bau, Stadtentwicklung und Raumordnung geschätzt. Die Bundesregierung wird für den Umbau von geeigneten Gewerbeeinheiten in Wohnungen in 2024 und 2025 ein zusätzliches KfW-Förderprogramm mit 480 Millionen Euro auflegen.

Mit dem „Gebäudetyp E“ soll es einen Bautyp geben, bei dem nur die Mindestanzahl von DIN-Normen angewandt werden muss. Die Gebäude sollen dabei alle notwendigen Sicherheitsstandards erfüllen. Die Bundesregierung wird dafür eine“ Leitlinie und Prozessempfehlung“ vorlegen.

Energiestandard bleibt hoch

Es bleibt beim gesetzlichen Energieeffizienzstandard „EH 40“ für Neubauten. Bei den Verhandlungen über die EU-Gebäuderichtlinie will sich die Bundesregierung gegen eine Sanierungspflicht auf EU-Ebene einsetzen. Mit dem neuen Speed-Bonus für den Heizungstausch sollen ab 2024 auch Wohnungsunternehmen und Vermietende gefördert werden. Das soll sie zum schnellen Einbau klimafreundlicher Heizungstechnologien motivieren und damit auch Mieterinnen und Mieter von hohen Nebenkosten entlasten.

Steuerbonus für Sanierung

Um einen weiteren Impuls für die Baukonjunktur zu setzen, soll die energieeffiziente Sanierung einen Schub bekommen: Die bisherigen Sanierungssätze von 15 Prozent als Zuschuss und 20 Prozent steuerliche Abschreibung sollen jeweils auf 30 Prozent angehoben werden. Im Sinne des Speed-Bonus sinkt der Zuschuss ab 2026 wieder auf 15 Prozent, die steuerliche Abschreibung auf 20 Prozent.

„Nur ein hilfreicher erster Schritt“

Aus Sicht der Handwerkskammer OWL braucht es für eine Wende auf dem Wohnungsmarkt eine klare Priorisierung zur Entbürokratisierung des Bauens. In diesem Zuge sind die auf dem Wohnungsbaugipfel vorgelegten Maßnahmen ein hilfreicher erster Schritt für das Bauhandwerk in der Region, greifen aber nicht weit genug. Zwar ist es grundsätzlich positiv zu bewerten, dass das KfW-Programm zur Eigenheimförderung von Familien ausgeweitet und EH 40 als verbindlicher Neubaustandard ausgesetzt werden soll. Wünschenswert ist jedoch, dass eine KfW-Förderung auch bei EH 55-Standard wieder möglich wird. Um die Baukosten weiter zu senken, braucht es darüber hinaus eine Absenkung der Grunderwerbssteuer und eine konsequente Entbürokratisierung des Baurechts.

Nur hohes Tempo rettet kleine Baubetriebe

Nur mit einem gemeinsamen Handeln von Bund, Ländern und Kommunen kann es gelingen, den Absturz vor allem kleiner und mittlerer Baubetriebe zu verhindern. Für die mehr als 2.100 Baubetriebe mit insgesamt gut 1.200 Auszubildenden in Ostwestfalen-Lippe ist es von großer Bedeutung, dass von der Politik ein positives Signal in die Zukunftsbranche Bau gesendet wird. Dies ist umso wichtiger, da das Bauhandwerk nicht nur elementar für die Behebung von Wohnraummangel, sondern auch zentraler Akteur bei der Umsetzung der ambitionierten Klimaziele im Gebäudesektor ist. Betriebe und Beschäftigte brauchen zeitnah verlässliche Rahmenbedingungen, daher ist jetzt ein hohes Tempo bei der Umsetzung der Maßnahmen unabdingbar.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © HWK OWL/Jörg Dieckmann