Die Shell Jugendstudie bietet seit über 60 Jahren einen tiefen Einblick in die Einstellungen, Werte und Lebensrealitäten junger Menschen in Deutschland. Die neueste Ausgabe, die Shell Jugendstudie 2024, setzt diese Tradition fort und beleuchtet die Lebenswelt der 12- bis 25-Jährigen in einer sich rasant verändernden Gesellschaft. Die zentralen Themen dieser Studie drehen sich um Zukunftsängste, den Umgang mit Krisen, das Bedürfnis nach gesellschaftlichem Engagement und die digitalen Herausforderungen, die die Generation Z prägen.
Zukunftsängste und Unsicherheit
Die Jugend von heute steht unter enormem Druck. Viele junge Menschen empfinden Unsicherheit in Bezug auf ihre Zukunft, besonders im Hinblick auf den Klimawandel, wirtschaftliche Stabilität und geopolitische Konflikte. Die Studie zeigt, dass diese Sorgen weitaus präsenter sind als noch in früheren Jahrzehnten. 68 Prozent der Befragten äußerten starke Bedenken hinsichtlich der Klimakrise und sehen sie als eine der größten Bedrohungen ihrer Zukunft an. Dieser Wert ist im Vergleich zur letzten Studie um 15 Prozent gestiegen und spiegelt das zunehmende Bewusstsein der jungen Generation für die ökologischen Herausforderungen wider.
Gesellschaftliches Engagement
Trotz dieser Ängste oder gerade wegen dieser Krisen zeigt sich die Jugend erstaunlich engagiert. Über die Hälfte der Jugendlichen gibt an, sich politisch oder sozial zu engagieren. Bewegungen wie „Fridays for Future“ sind ein Paradebeispiel für die Art und Weise, wie junge Menschen aktiv werden, um Einfluss auf gesellschaftliche Themen zu nehmen. Das Bedürfnis, die Welt aktiv mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen, hat in den letzten Jahren zugenommen. Dabei handelt es sich nicht nur um kurzfristige Aktionen, sondern oft um langfristiges Engagement in Form von Freiwilligenarbeit oder politischen Initiativen.
Digitale Lebenswelt
Die Studie beleuchtet auch die digitale Transformation, die den Alltag der jungen Generation tiefgreifend verändert. Digitale Medien prägen das Leben der Jugendlichen mehr denn je. 95 Prozent der Befragten gaben an, täglich soziale Medien zu nutzen, wobei TikTok, Instagram und YouTube dominieren. Diese Plattformen sind nicht nur Unterhaltungsquellen, sondern auch wichtige Informationskanäle. Für viele Jugendliche sind sie die Hauptquelle für Nachrichten, die sie über gesellschaftliche Entwicklungen und globale Ereignisse informieren. Allerdings bringt die digitale Welt auch neue Herausforderungen mit sich. Cybermobbing, Fake News und die ständige Erreichbarkeit üben großen Druck auf die mentale Gesundheit aus. 40 Prozent der Jugendlichen berichteten von negativen Erfahrungen im digitalen Raum, was die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit sozialen Medien unterstreicht.
Bildung und Karriere
In Bezug auf Bildung und Beruf zeigen sich deutliche Veränderungen. Die Pandemie hat das Vertrauen in traditionelle Bildungswege erschüttert. Die Befragten äußerten vermehrt Zweifel an der Qualität des Schulunterrichts und der Vorbereitung auf das Berufsleben. Gleichzeitig wächst das Interesse an alternativen Bildungswegen, wie etwa Online-Kursen oder dualen Studiengängen. 60 Prozent der Jugendlichen sehen sich in einem dualen Studium oder einer Ausbildung, während die Zahl derjenigen, die ein klassisches Universitätsstudium anstreben, sinkt.
Ein weiteres interessantes Ergebnis ist der Wunsch nach einem sicheren und sinnstiftenden Job. Für die Mehrheit der Jugendlichen ist der Beruf nicht nur ein Mittel zum Zweck, sondern soll auch gesellschaftliche Bedeutung haben. Themen wie Work-Life-Balance, Nachhaltigkeit und ethische Unternehmensführung spielen bei der Berufswahl eine immer größere Rolle. Traditionelle Karrierewege verlieren an Attraktivität, während selbstbestimmtes Arbeiten und sinnvolle Tätigkeiten im Vordergrund stehen.
Politische Einstellungen
Auch in der politischen Landschaft zeigen sich deutliche Verschiebungen. Die Shell Jugendstudie 2024 zeigt, dass junge Menschen politisch interessierter sind als je zuvor. Fast 70 Prozent der Befragten gaben an, sich für politische Themen zu interessieren, was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu früheren Studien darstellt. Dieses gesteigerte Interesse geht einher mit einer zunehmenden Frustration über die bestehende Politik. Viele Jugendliche fühlen sich von den etablierten Parteien nicht ausreichend repräsentiert. Dies äußert sich in einer größeren Affinität zu neuen politischen Bewegungen und Parteien, die progressive und ökologische Themen in den Vordergrund stellen.
Soziale Gerechtigkeit und Vielfalt
Ein weiteres zentrales Thema, das die Jugend von heute bewegt, ist soziale Gerechtigkeit. Diversität und Inklusion spielen für viele eine bedeutende Rolle, sowohl im privaten Umfeld als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. 72 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen eine vielfältige und inklusive Gesellschaft wichtig ist. Besonders LGBTQ+-Themen, Gleichberechtigung der Geschlechter und Antirassismus stehen im Fokus des Interesses.
Diese Werte spiegeln sich auch in der Berufswelt wider: Immer mehr Jugendliche wünschen sich Arbeitgeber, die sich aktiv für Diversität und soziale Gerechtigkeit einsetzen. Unternehmen, die diese Werte nicht teilen oder als nicht inklusiv wahrgenommen werden, haben es schwerer, junge Talente anzuziehen.
Klimaschutz als Lebensaufgabe
Ein Aspekt, der sich besonders stark in der Shell Jugendstudie 2024 herauskristallisiert, ist die zunehmende Bedeutung des Klimaschutzes. Für viele Jugendliche ist er keine abstrakte Herausforderung, sondern eine ganz konkrete Lebensaufgabe. Sie möchten nicht nur ihren eigenen CO₂-Fußabdruck minimieren, sondern auch Unternehmen und Politik zur Verantwortung ziehen. Mehr als 80 Prozent der Befragten sehen Klimaschutz als zentrale Aufgabe ihrer Generation und erwarten von der Politik deutliche Maßnahmen.
Dieses Engagement zeigt sich auch in persönlichen Entscheidungen. Viele Jugendliche achten bewusst auf nachhaltigen Konsum und treffen Entscheidungen in Bezug auf ihre Ernährung, Mobilität und ihren Energieverbrauch. Der vegane Lebensstil und das Interesse an erneuerbaren Energien haben in dieser Altersgruppe einen besonders hohen Stellenwert. Diese Verhaltensweisen spiegeln sich auch in der Kritik an der älteren Generation wider, der vorgeworfen wird, nicht genug für den Klimaschutz getan zu haben.
Eine Generation im Wandel
Die Shell Jugendstudie 2024 zeigt eine junge Generation, die unter starkem Druck steht, sich aber zugleich aktiv den Herausforderungen ihrer Zeit stellt. Die Jugend von heute ist politisch interessiert, sozial engagiert und technikaffin. Sie sieht sich mit globalen Krisen konfrontiert, geht aber entschlossen ihren Weg, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die Jugend nicht nur passiv auf die Veränderungen in der Welt reagiert, sondern diese aktiv mitgestalten will. Sie fordert mehr Transparenz, Engagement und Verantwortung von Politik und Wirtschaft. Gleichzeitig bleibt die Frage offen, wie diese Generation es schaffen wird, ihre Ideale in einer oft widersprüchlichen Welt umzusetzen. Doch eines ist sicher: Die Jugend von heute wird die Zukunft entscheidend prägen.
Autor:
Volksbank in Ostwestfalen – Bild © Halfpoint – adobe stock