Osteuropäische Lkw-Fahrer sollen seit Jahren bei Kontrollen durch das BAG bis zu 50 Rabatt auf Bußgelder bekommen. Das berichtet Andreas Mossyrsch, Chef von Camion Pro International, einem nichtkommerziellen Berufsverband der europäischen Transportunternehmen.
Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) habe, so Mossyrsch, Länderlisten für Abschläge bei Ordnungswidrigkeiten erstellt. Demnach bekämen Fahrer zum Beispiel aus der Türkei, Slowenien, Bulgarien oder der Slowakei 50 Prozent Nachlass, Fahrer aus Tschechien, Polen, Russland, Ungarn oder Kroatien 25 Prozent. Ein BAG-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur dpa, er könne dazu nichts sagen.
Abschläge für 21 Länder
Gegenüber der Deutschen Verkehrs-Zeitung DVZ war man offener: Es geht dabei um eine Liste mit 185 Ländern, 21 erhalten Abschläge. Sieben davon sind EU-Mitglieder. Polen, Tschechien, Ungarn und Kroatien erhalten demnach jeweils eine Ermäßigung von 25 Prozent, Bulgarien, Litauen und Lettland jeweils von 50 Prozent. Lkw-Fahrer aus Aserbaidschan müssen ebenfalls nur 50 Prozent bezahlen. Dasselbe gilt für Albanien, die Mongolei, Kasachstan oder Weißrussland. Das BAG bestätigte, dass es eine solche Liste gibt und sie auch heute noch angewendet wird.
Praxis seit 2017
Laut BAG handelt es sich um eine Dienstanweisung von 2017, die jeder Beschäftigte im BAG zu befolgen hat. Die Abschläge gelten nach Aussage des BAG ausschließlich für Fahrer und kommen ab einem Schwellenwert von 250 Euro zum Tragen. Gedeckt ist der Abschlagskatalog durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OwiG). Darin steht, dass „das Verschulden der betroffenen Person aber auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen“ seien.
Gegen Gießkannen-Prinzip
Nach Einschätzung des Camion-Pro-Rechtsanwalts Sven Nesbit könnten Bußgelder bei Ordnungswidrigkeiten im Einzelfall je nach wirtschaftlichen Verhältnissen reduziert werden, aber nicht nach dem Gießkannen-Prinzip. Im internationalen Vergleich seien die Strafen in Deutschland ohnehin sehr gering. Dass es jetzt auch noch Rabatte auf organisierte Lenkzeitenverstöße und andere Ordnungswidrigkeiten gebe, sei schwer hinzunehmen. Verbandschef Mossyrsch wetterte, diese Praxis komme einer „Subvention wirtschaftskrimineller Unternehmen in Osteuropa gleich.“
Politik fasst nach
Aktuell läuft eine parlamentarische Anfrage von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag. Derzufolge soll die BAG ihre Kontrollpraxis offenlegen. Gefragt wird nicht nur nach unterschiedlich hohen Bußgeldern, sondern auch nach dem Umgang mit AdBlue-Verstößen und Mautnachzahlungen.
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Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © KM.Photo – adobe stock