Die ungebremste Entwicklung des Onlinehandels wird auch im stationären Lebensmittelhandel mit Argusaugen verfolgt. Und gerade die Großen sind nicht untätig, testen bereits vielerorts in Deutschland neue Konzepte. Ziel aller laufenden Versuche ist es, die Kosten zu senken. Vision ist ein funktionierender Laden ohne Bargeldkassen und Vollzeitkräfte.
Bereits drei Minimärkte ohne Verkaufspersonal hat die Handelskette Tegut im Raum Fulda im Testbetrieb. Die Kunden können per App ihren Teo-Laden öffnen, nehmen die Waren aus dem Regal und scannen sie ein. Das Bezahlen erfolgt bargeldlos per Karte oder per App. Die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) testet ein neues Konzept in Heilbronn.
Und auch Edeka hat die Tiny-Stores im Visier. An einem Bahnhof in Baden-Würtemberg ist eine Abholklappe rund um die Uhr geöffnet. Der Kunde ordert die Ware per Display, dahinter stellt ein Roboter die Waren zusammen. Nach der Bezahlung per Karte oder App öffnet sich die Klappe. 800 verschiedene Produkte umfasst das Testsortiment.
Rewe schickt derweil in Kooperation mit Vodafone einen autonom fahrenden Kiosk ins Rennen. Das Snackmobil ist im Kölner Gewerbecampus Carlswerk unterwegs, hält, wenn Passanten oder Büroarbeiter winken. Bezahlt wird kontaktlos per Smartphone.
In Pinneberg arbeitet bereits eine App namens Koala („Kauf ohne Aufwand und Anstehen“). Die App loggt sich ins W-Lan des Ladens ein, die Kunden scannen jeden Artikel, den sie aus dem Regal nehmen. Am Ende stehen sie vor einer Schranke. Wird in der App auf Bezahlen gedrückt, fließt das Geld von Konto zu Konto und es öffnet sich die Schranke.
Der weltgrößte Versandhändler Amazon drängt derweil in den stationären Handel: In den USA gibt es schon die ersten 25 Go-Läden, in denen gar keine Kassen mehr stehen. Möglich wird das durch eine komplexe und teure Technologie: In den Läden sind Hunderte von Kameras an den Decken installiert, die Regale sind voller Sensoren, die registrieren, welche Artikel die Kunden herausnehmen oder wieder zurücklegen. In Seattle wird der erste 1.000 Quadratmeter große Laden neuen Stils getestet. Und einen Pop-Up-Store-Test hat Amazon bereits in Berlin absolviert. Weitere 500 Märkte konventionellen Zuschnitts hat Amazon schon gekauft.
Was die Welt bewegt, freut das Dorf. Denn dort wecken die neuen Konzepte große Erwartungen: In Altengottern in Thüringen wurde vor einiger Zeit ein neuer Dorfladen namens „Emma´s Tag und Nacht-Markt“ eröffnet. Wie der Name nahelegt, hat das kleine Geschäft jeden Tag 24 Stunden geöffnet, wobei Kunden eine Auswahl von rund 1.200 Produkten vorfinden. Der Markt verzichtet fast gänzlich auf Mitarbeiter; lediglich eine Angestellte kommt jeden Morgen für rund eine Stunde in das Geschäft, um sauber zu machen und die Regale aufzufüllen.
Alles andere läuft im Tag und Nacht-Markt digital: Kunden erhalten Zutritt mit einer digitalen Kundenkarte und zugehörigem PIN. Neukunden müssen sich vor Eintritt in den Laden auf einer Website anmelden. Im Laden finden Kunden mehrere Regalreihen, Kühlschränke sowie zwei Selbstbedienungskassen. Alle Produkte tragen einen sogenannten RFID-Chip versehen: Wird ein Produkt an der Kasse nicht bezahlt, wird ein Warnsystem aktiviert, um Diebstahl zu verhindern. Gleichzeitig wird das Ladeninnere von sichtbaren und zum Teil auch unsichtbaren Kameras überwacht.
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Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Ingo Bartussek – adobe stock