Vermieter zahlen ab sofort für die warme Wohnung ihrer Mieter mit

Business Man

Auf Vermieter kommen schwere Zeiten zu: Die Politiker und Brüssel und Bonn sind sich einig, Hausbesitzer sollen in den nächsten Jahren mehr und mehr unter Druck gesetzt werden, um auch Bestandsimmobilien bis zur Klimaneutralität energetisch zu sanieren. Den Anfang macht seit Jahresbeginn die Beteiligung der Vermieter an der CO2-Steuer, die auf Brennstoffe zu zahlen ist. Die wird die Renditeschmälern und die Nebenkostenabrechnung 23 deutlich schwieriger machen.

Vermieter werden ab dem 1. Januar 2023 vom deutschen Gesetzgeber verpflichtet, die C02 Steuer auf den Gas- oder Ölverbrauch ihrer Mieter anteilig mitzutragen. Bislang hatten die Abgabe allein der Mieter zu bezahlen. Was für die 13 Mio. Mieter in Deutschland eine Entlastung bedeutet für die rund 3,9 Mio. Vermieter Mehrkosten: Nach Berechnungen des Mieterbundes beträgt die CO2 Steuer 2023 für eine durchschnittliche Mietshaus-Wohnung mit Gaszentralheizung rund 67 Euro, bei einer Ölheizung fallen rund 98 Euro CO2-Steuer an. Doch das ist – auf Sicht gesehen – erst der Anfang: Der CO2-Preis startete 2021 mit 25 Euro pro Tonne. Bis 2026 soll er sich Jahr für Jahr erhöhen und dann zwischen 55 bis 65 Euro einpendeln.

Altbau-Vermieter zahlen mehr

Die Höhe der Beteiligung richtet sich nach einem Stufenmodell mit insgesamt zehn Energieklassen: Bei Gebäuden mit einem sehr hohen C02-Ausstoß (Energieeffizienzklasse größer H) müssen die Vermieter maximal 90 Prozent der C02 Steuer selbst tragen. Allein bei den Mietern bleibt die CO2-Steuer bei Wohnungen und Häusern mit einem Energiestandard höher EH-55/Effizienzklasse A+, also bei Neubauten. Die Abrechnung der Nebenkosten wird aber nicht nur komplizierter: Auf die Mieter und Vermieter kommen durch die C02Abgabe zusätzlich 219 Millionen Euro Verwaltungskosten zu.

Nicht ohne Energieausweis

Um zu wissen, welcher Energieklasse der Verbrauch bei der eigenen Immobilie entspricht, braucht mit der gesetzlichen Neuregelung ab sofort jeder Vermieter für jedes Objekt einen eigenen Energieausweis. Nur in diesem stehen Durchschnittsverbrauch pro Quadratmeter und die sich darüber definierende Energieeffizienzklasse. Dabei gibt es zwei Typen: den Verbrauchsausweis und den Bedarfsausweis. Der erste ist einfach online zu bekommen, wenn man die Verbräuche der letzten drei Jahre kennt. Der zweite ist deutlich aufwändiger, darf nur von Experten ausgestellt werden, weil er die Energetik des Bestands aufnimmt und Hinweise zur Optimierung gibt. Pflicht ist letzterer zum Beispiel bei Mehrfamilienhäusern, die vor dem 1.11.1977 gebaut wurden. Die Kosten liegen zwischen 50 und 500 Euro.

Ausnahmen bestätigen Regeln

Einige Besonderheiten gibt es bei der Teilung der CO2-Kosten: Verbraucht der Mieter Gas zum Beispiel auch zum Kochen, ist sein Erstattungsanspruch um fünf Prozent zu kürzen. Und Mieter, die ihr Gas selbst direkt beziehen oder Heizöl selbst tanken, haben einen Anspruch auf Erstattung des Vermieter-Anteils auf die CO2-Abgabe, müssen ihn aber einfordern und belegen. In Nichtwohngebäuden sollen die jährlichen CO-Abgabe hälftig zwischen Mieter und Vermieter geteilt werden, sofern keine Übernahme durch den Mieter vertraglich vereinbart wurde. Denkmalschutzimmobilien sind bei dem Thema ganz außen vor.

Wohnungswirtschaft ist sauer

Die Wohnungswirtschaft reagiert mit Unverständnis: Gerade jetzt, wo die Energiekosten unkontrolliert in die Höhe schießen, antworte die Politik mit einer weiteren Belastung. Vermieter benötigten dringend finanziellen Spielraum, um die vielen geforderten Maßnahmen zum Klimaschutz zu bewältigen. Die Möglichkeiten Mietrenditen zu erzielen, um Investitionen zu finanzieren, würden durch immer neue Belastungen noch weiter begrenzt, heißt es.

Niedrige Mieten – hoher Sanierungsbedarf

Vielfach hätten Vermieter auch gar keine Mittel, um in den Klimaschutz zu investieren. Nach einer aktuellen Mitgliederbefragung des Eigentümerverbandes Haus & Grund geben mehr als die Hälfte der Befragten als Modernisierungshemmnisse die fehlende Rentabilität an. Etwa 50 Prozent der Eigentümer können mit ihren Mieteinnahmen gerade ihre Ausgaben decken oder machen sogar Verlust. Die müssen jetzt die Mieten anheben, um sich in Zukunft eine Sanierung leisten zu können.

Vieles nötig, weniger ist möglich

Bemängelt wird von Kritikern auch die Ausblendung des Verursacherprinzips: Den Verbrauch von Heizenergie haben Vermieter nicht verursacht und können diesen auch nicht beeinflussen. Kurzfristig bauliche Maßnahmen durchzuführen, um Energie zu sparen, sei oft gar nicht möglich.  Für viele Altbauten, vor allem in nachverdichteten Großstädten, gebe es derzeit keine technische Lösung, um dort neue Heizungssystem einzubauen. Ebenso fehlten Handwerker und Fachkräfte, um die vielen notwendigen Maßnahmen zum Energiesparen und Klimaschutz überhaupt durchführen zu können.

Wohnkosten steigen weiter

Hinzu kommt: Besonders einkommensschwache Gruppen werden mit dem Wohngeld bereits beim CO2-Preis entlastet. Die Bundesregierung hat mit dem „Wohngeld-CO2-Bepreisungsentlastungsgesetz“ das Wohngeld um zehn Prozent angehoben. Deshalb finde, so die Kritiker, nun mit der Entlastung bei der C02 Steuer eine Überkompensation statt. Eine weitere Folge der C02-Steuer wird sein, dass sich auf dem ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt vor allem einkommensstarke Paare oder Singles, die selten zu Hause sind und deshalb nicht viel heizen, bei Vermietern in Zukunft als Erste zum Zuge kommen werden. Für Familien mit Kindern oder Alleinerziehende wird es noch schwieriger werden, überhaupt eine Wohnung zu finden. Und vermutlich werden viele Altbaumieten angehoben, damit die Vermieter auf den Mehrkosten nicht sitzenbleiben. So wird durch den zunehmenden Zwang zur energetischen Sanierung vieler Altbauten bezahlbarer Wohnraum noch rarer als er ohnehin schon ist.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © 1011color – adobe stock